Die dreijährige Clara schaut ihrer Mama eifersüchtig hinterher, die ihre neugebornene Schwester auf dem Arm hält.
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Levia & Martin mit Clara + Paula

Ein Morgen in Siegen

Was hat dir am besten an der dokumentarischen Begleitung gefallen?

Deine Art. Du hattest genau die richtige Mischung raus im Umgang mit uns: Lockerer Smalltalk und Alberei auf der einen Seite und dann im nächsten Moment nimmt man dich gar nicht wahr und du bist stiller Beobachter. So entsteht eine lockere und entspannte Atmosphäre, die sich ganz natürlich anfühlt. Außerdem tut es gut sich gar keine Gedanken zu machen, ob und wann man fotografiert wird. Das passiert ganz von allein und herauskommen unerwartet schöne Bilder. 

Was gefällt euch am besten an den Fotografien?

Mir gefällt am besten an den Fotos, dass sie echte also wahrhaftige Momente zeigen, wie sie ganz ungestellt einfach so in unserem Alltag entstehen. Es ist toll zusehen, dass das Gewöhnliche auch einen ästhetischen Wert hat und dadurch unser Alltag eine besondere Wertschätzung erhält. Außerdem gefällt mir, dass die Fotos so lebendig sind, weil sie in Aktion entstanden. 

Wie hast du dich gefühlt, als du die Bilder das erste Mal gesehen hast?

Ehrlich gesagt, hab ich erstmal geschaut, wie ich auf den Bildern aussehe (lacht) und war im ersten Moment nicht unbedingt überzeugt. Es brauchte erst das zweite Ansehen bis ich mit ein bisschen Abstand zu mir selber, wahrnehmen konnte, wie viel die Fotos mir erzählen. Und das hat mich glücklich gemacht – und auch ein bisschen stolz, z.B. darüber was wir für tolle Töchter haben. 

Hast du dir die Bilder ausgedruckt oder planst du, dies zu tun?

Wir planen auf jeden Fall einzelne Fotos auszudrucken oder auch ein Fotobuch zu erstellen, weil wir jetzt schon merken, dass die Fotos unsere Erinnerungen an den Alltag dieser Zeit formen und gleichermaßen anstoßen. Bestimmte Objekte oder auch Handlungen und Gesten erweisen sich nachträglich als absolut typisch für diesen Lebensausschnitt, was uns vorher nicht so klar war und sie laden ein gemeinsam darüber zu reden und zu schmunzeln. 

Gab es etwas was dich an der dokumentarischen Art und Weise der fotografischen Begleitung überrascht hat?

Es hat mich überrascht, dass sich mein Blick auf die Fotos verändert hat. Beim ersten Anschauen muss ich zugeben, habe ich dann doch viel auf mein Aussehen geachtet und wollte gut aussehen. Doch je häufiger ich die Fotos anschaue, desto mehr Details nehme ich wahr und mein Blick weitet sich hin zu den liebevollen, kleinen Details, die Du aus unserem Alltag fotografisch gekonnt eingefangen hast. Dann sind es kleinen Gesten und Blicke der Zugewandtheit und Liebe, die mir nach und nach immer deutlicher auffallen und mich weg bringen vom persönlichen Anspruch auf tadelloses Aussehen. Was dann bleibt, sind die Gefühle, die diese nicht perfekten Bilder bei mir auslösen und damit nicht perfekter sein könnten. Selten haben Fotos für mich einen so hohen emotionalen Wert beim Anschauen ausgelöst. 

Gibts Fotos, die für dich herausstechen?

Absolut. Genau wegen dieser kleinen Details. Da ist zum Beispiel ein Foto, das ich erst fast übersehen habe und jetzt durch seine Bildkomposition und Bildaussage richtig toll finde. Zu sehen ist wie Clara und ich auf unserer Treppe stehen. Ihr etwas hochnäsiger Blick ist von mir weg gerichtet, Richtung Treppenaufgang, aber sie hält meine Hand. Und genau auf diese Stelle des Händehaltens fällt ein Lichtstrahl und stellt diese Geste wunderbar natürlich in Szene. Betont wird das dann noch, weil unsere Hände gestochen scharf erscheinen, während die Körper und die Umgebung leicht verschwimmen. Richtig stark finde ich das! 

Auch besonders mag ich die Fotos, die in unserem Bad entstanden sind. Dieser 4qm kleine Raum ist für mich ein absoluter Lieblingsort unseres Zuhauses und ich mag es besonders, wenn wir alle vier dort gemeinsam sind und ganz alltägliche Dinge ganz eng beieinander machen. Das ist dann irgendwie chaotisch schön, weil man sich dann so nah fühlt und so sind auch die entstandenen Fotos. 

Von der Fotoeinstellung gelungen gewählt, finde ich aus der Bilderserie besonders das Bild, wo man als Betrachter die Babyperspektive einnimmt und nur sieht was Paula jeden Tag sieht, wenn sie auf dem Badevorleger liegt: jede Menge Füße, Clara auf der Toilette und unseren Heizofen. Der ist gerade ganz wichtig.  Zum Beispiel um in die kalten Wintertage zu starten. Ich sag gerade jeden Morgen zu meinen Töchtern: „Kommt wir stehen auf und gehen vor den Heizofen.“ Und sofort springt Clara aus dem Bett auf, stellt den Heizofen an und auch Paula macht einen beruhigten Eindruck durch das monotone Geräusch des Gebläses. Wir haben auch schon ganze Vormittage mit Frühstück, Bade- und Vorlesespaß im Bad vorm Heizofen verbracht. Und diese Erinnerungen werden durch deine Fotos konserviert. Danke, Jan! 

Was denkst du, welche Personen eine solche, dokumentarische, Begleitung anspricht?

Ich glaube man muss eine gewisse Offenheit und Neugierde an diesem Format mitbringen. Denn ich finde im Nachhinein, dass diese Art der fotografischen Alltagsbegleitung tatsächlich viel intimer ist als ein klassisches Fotoshooting in einem Fotostudio oder in einem inszenierten Setting. Denn man gibt ja alles unverblümt Preis, was eben in diesem Moment passiert: Interaktion, Chaos, Emotionen zum Beispiel. Man kann sich nicht hinter gestellten Posen verstecken, die einem vielleicht Sicherheit geben, weil sie ein bekanntes, verlässliches Produkt reproduzieren. Dafür sind die Bilder aber auch absolut einzigartig. Ich würde sagen, für all diejenigen, die die Schönheit im Miteinander sehen und nicht im perfekten Aussehen, ist diese Art der Fotografie genau das Richtige.

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